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Eine gesunde Fehlerkultur – essenziell für lernwirksamen Unterricht

Fehler sind aus dem Unterrichtsalltag kaum wegzudenken. Sie bilden einen wesentlichen Bestandteil des Lernprozesses und sind elementar für die Aneignung von Wissen. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer sollten sich dessen bewusst sein und Fehler daher keineswegs scheuen. Anhand von Fehlern erhalten Lernende und Lehrende einerseits Auskunft über (ausbleibende) Lernfortschritte, und andererseits bergen sie ein großes Lernpotenzial. Besonders in Bezug auf Lehrkräfte gilt es daher die veraltete Sichtweise, dass es Fehler um jeden Preis zu vermeiden gilt, aussterben zu lassen. Diese aufrechtzuerhalten, kann in der Schülerschaft positive Entwicklungsprozesse verhindern.

Wir werfen heute einen Blick auf die offensichtlichen Vorzüge einer Fehlerermutigungsdidaktik im Vergleich zu einer Fehlervermeidungsdidaktik.

 

Was ist ein Fehler?

Ein Fehler stellt eine unerwünschte Abweichung von einem Handlungsziel dar. Er beinhaltet, dass das gewünschte (normative) Richtige nicht erreicht werden konnte, obwohl sämtliche Informationen zur korrekten Vorgehensweise vorlagen. Ergo ist diese Abweichung vermeidbar. Des Weiteren besteht die Voraussetzung, dass etwas von der beurteilenden Person (meist einer Lehrkraft) als fehlerhaft angesehen wird. Hervorzuheben ist die Reaktion, die auf einen Fehler folgt. Auf der Ebene der Schülerinnen und Schüler kann diese affektiv-motivational und/oder handlungsbezogen ausfallen. Solche Misserfolge können Lernende rasch demotivieren und Gefühle wie Scham und eine negative Selbstbewertung zur Folge haben. Konträr dazu kann die Überwindung eines Fehlers positive Emotionen wie Stolz hervorrufen.

 

Wie lernt man aus Fehlern?

Fehler bieten eine informative Rückmeldung zu Wissenslücken oder Missverständnissen und haben daher ein großes Potenzial, als Lernanlass zu dienen. Dieses Potenzial lässt sich ausschöpfen, indem die Lehrkraft hilfreiche Rahmenbedingungen schafft und die nötigen Maßnahmen ergreift. Hierfür ist das Äußern von qualitativ hochwertigem und adaptivem Feedback die Kernkompetenz, denn es ist nicht allein die kognitive Ebene der Richtigstellung relevant, sondern auch die affektiv-motivationale Ebene, die der Aufrechterhaltung von Lernfreude und Lernmotivation dient. Schülerinnen und Schüler könnten nämlich anstelle einer Analyse des Fehlers und der Initiierung von Lernprozessen mit dem Ignorieren des Fehlers reagieren und folglich dessen Lernpotenzial nicht nutzen. Um dies zu verhindern, muss die generelle Anerkennung und Wertschätzung von Anstrengung und Engagement (unabhängig von der Korrektheit von Antworten) gefördert werden. Besteht hingegen ein dem Lernen hinderliches Fehlerklima, hoffen Schülerinnen und Schüler häufig, nicht mit schwierigen Aufgaben betraut zu werden, oder zeigen aus Angst vor Fehlschlägen kaum Eigeninitiative.

 

Was macht ein positives Fehlerklima aus?

Zunächst ist es wichtig, die Lernsituation nicht einer Leistungssituation gleichzusetzen. Fehler müssen erlaubt sein und dürfen keine ernsthaften Konsequenzen nach sich ziehen. Andernfalls neigen Lernende dazu, Fehler zu vermeiden und Wissenslücken zu vertuschen. Diese Bewertungsirrelevanz muss offen kommuniziert werden, beispielsweise im Hinblick auf Mitarbeitsnoten.

Dies geht einher mit der Abwesenheit negativer Reaktionen der Lehrkraft auf Fehler. Stattdessen gilt es, Schülerinnen und Schüler auch in Fehlersituationen zu ermutigen, um ihre Lernmotivation aufrechtzuerhalten. Selbst das Trösten kann negative Auswirkungen auf die Schulklasse haben. Zugleich gilt es negative Reaktionen der Mitschülerinnen und Mitschüler unverzüglich zu unterbinden.

Ebenfalls von größter Bedeutung sind das Analysieren von Fehlern und das Kommunizieren über sie. Ihren wahrgenommenen Bedrohungsgehalt niedrig zu halten, gelingt, indem eine lernförderliche Kommunikation über öffentlich gemachte Fehler gegeben ist. Fehlerverursachende erhalten die nötige Zuwendung und werden unterstützt, sodass auch ihnen bestenfalls das Lernpotenzial von Fehlern vor Augen geführt wird. Letztlich sollte demnach ein Umfeld geschaffen werden, in dem sich die Lernenden trauen, herausfordernde Aufgaben anzunehmen, und somit das Risiko eingehen, Fehler zu machen. Eine Fehlerermutigungsdidaktik erhöht somit die mündliche Beteiligung der Schülerinnen und Schüler.

 

Professioneller Umgang mit Fehlern im Unterricht

Voraussetzungen für den professionellen Umgang mit Fehlern sind Fachwissen, adäquate Handlungsstrategien und eine fehlerfreundliche Sichtweise. Hinsichtlich des Fachwissens lässt sich festhalten, dass bei Lehrkräften ein fundiertes inhaltsbezogenes sowie fachdidaktisches Wissen über mögliche mit diesem Inhalt verbundene (typische) Fehler und Fehlkonzepte vorhanden ist. Das adaptive Feedback, das im nächsten Schritt angesetzt wird, belehrt Schülerinnen und Schüler nicht bloß über den Mangel an Korrektheit, sondern bietet weiterführende Informationen oder Erklärungen.

Abschließend ist ganz prinzipiell die Abwesenheit einer Fehlervermeidungsdidaktik vonnöten. Diese wissenschaftlich nicht gestützte Sichtweise sieht Fehler als etwas an, das es zu vermeiden gilt, da sie unter anderem vermeintlich den Unterrichtsfluss stören. Dies kann schnell dazu führen, dass Fehler unter den Teppich gekehrt werden und Lernende fragend zurückbleiben. Konträr dazu geht eine Fehlerermutigungsdidaktik mit einem konstruktiven Fehlermanagement beziehungsweise einem positiven Fehlerklima (Fehler als Lernchance) sowie einer erhöhten Fehlertoleranz der Lehrkraft einher.

 

Es lässt sich demnach festhalten: Fehler gilt es als Lernchance aufzufassen. Im Umgang mit ihnen ist essenziell, sich der psychologischen Auswirkungen einer Fehlersituation auf Lernende bewusst zu sein. Das Entlarven eines Fehlers allein kann bei Schülerinnen und Schülern nachhaltig die Motivation mindern. In einem positiven Fehlerklima werden jedoch Engagement und Mut belohnt und Fehler nicht stiefmütterlich behandelt. Das führt dazu, dass sich Lernende trauen, aktiv am Unterricht teilzuhaben – ganz ohne Angst vor Fehlern und ihren Folgen.

 

Welche Erfahrungen haben Sie mit Fehlern gemacht? Konnten Sie einen gesunden Umgang mit ihnen entwickeln, oder benötigen Sie hier noch Unterstützung. Wir beraten Sie gerne.