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Die Grundschulzeit geht schnell vorbei, und ehe man sich’s versieht, steht beim Nachwuchs der Wechsel an eine weiterführende Schule an. Das ist ein weiterer großer Schritt im Leben eines Kindes, der die Weichen für seine berufliche Zukunft stellt. Umso größer ist das Interesse der Eltern, ihre Kinder auf diesem Weg bestmöglich zu unterstützen.
Dafür greifen sie oftmals auf Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit zurück. Allerdings befindet sich das Schulwesen im Wandel. Unterricht, wie die heutige Elterngeneration ihn noch erlebt hat, wird es zukünftig nicht mehr geben. Da ist es wichtig, zu wissen, wie der Schulalltag in Zukunft aussieht, um das eigene Kind begleiten zu können.
Erweitertes Aufgabengebiet
Die Hauptaufgabe der weiterführenden Schulen besteht auch heute noch darin, die Schülerinnen und Schüler auf den späteren Beruf vorzubereiten und ihnen dafür die nötige Allgemeinbildung mit auf den Weg zu geben. Allerdings ändert sich die Art und Weise, wie das geschieht, zunehmend. Die Anforderungen, die heutzutage an Schulabgängerinnen und Schulabgänger gestellt werden, damit sie im Beruf erfolgreich sind, beziehungsweise eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, wandeln sich stark.
Deshalb reichen die klassischen Schulfächer nicht mehr aus. Sie stellen zwar nach wie vor eine wichtige Grundlage dar, aber durch die fortschreitende Digitalisierung wird zusätzlich die Forderung nach Medienkompetenzen immer lauter.
Prinzipiell haben jene Generationen, die sich aktuell noch im Schulalter befinden, hervorragende Zukunftsaussichten, wenn es um ihre Karriere geht, denn auf dem deutschen Arbeitsmarkt macht sich in immer mehr Branchen ein Fachkräftemangel breit, das heißt, es wird zunehmend leichter, einen Job zu finden, und die Konditionen verbessern sich ebenfalls.
Dennoch sieht die perfekte Arbeitnehmerin beziehungsweise der perfekte Arbeitnehmer von morgen anders aus als heutzutage oder vor wenigen Jahren. Das wichtige Stichwort an dieser Stelle ist bereits gefallen: Medienkompetenzen.
Medienkompetenzen
Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten. In beinahe allen Berufen wird direkt oder indirekt mit digitalen Medien gearbeitet.
Ein versierter Umgang mit ihnen, Grundkompetenzen, das schnelle Einarbeiten in neue Software – diese und weitere Fähigkeiten müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter daher mitbringen, um für den Arbeitgeber wertvoll zu sein. Wer also heutzutage nicht mit digitalen Medien umgehen kann, steht auf dem Arbeitsmarkt vor großen Hindernissen.
Aber die Ausbildung sowie die Förderung von Medienkompetenzen in der Schule sind auch deshalb wichtig, weil die Kinder sowie Jugendlichen heutzutage unweigerlich mit solchen Medien in Berührung kommen, und zwar nicht nur im Beruf, sondern auch im Privatleben. Nur, wenn ihnen der richtige Umgang mit Smartphone und Internet beigebracht wird, können sie sich vor eventuellen Risiken schützen.
Soft Skills
Neben den Medienkompetenzen werden noch weitere auf dem Arbeitsmarkt immer wichtiger und müssen dementsprechend in der Schule gelehrt werden. Dabei handelt es sich um die sogenannten Soft Skills, zu denen beispielsweise die folgenden Fähigkeiten gehören: Kommunikations- und Teamfähigkeit, Selbstvertrauen sowie -reflexion, Empathie und emotionale Intelligenz, Belastbarkeit sowie Stressresistenz.
Schulen im Übergang zur Moderne
Es verändern sich mit dem Wandel einhergehend bei den klassischen Schulfächern die Prioritäten. Während beispielsweise Fremdsprachen im Zuge der Globalisierung zunehmend an Bedeutung gewinnen, werden Fächer wie Kunstgeschichte und Schwimmunterricht vermutlich irgendwann nicht mehr an sämtlichen Schulen angeboten. Die Frage, die sich angesichts dieser Entwicklungen stellt, lautet: Inwiefern werden Schulen diesen Anforderungen gerecht?
Dies muss differenziert betrachtet werden, denn je nach Land und ebenso zwischen einzelnen Schulen gibt es große Unterschiede. Die meisten Schulen befinden sich in der Übergangsphase zu einem moderneren Schulmodell. Nur wenige sind schon auf dem neuesten Stand.
Als Vorreiter gelten zum Beispiel Dänemark und die Niederlande, aber auch die Nachbarländer Österreich und die Schweiz. Hier gilt die Digitalisierung als relativ weit fortgeschritten, was einerseits die technische Ausstattung der Schulen und die Schulmodelle im Allgemeinen betrifft, andererseits die Medienkompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Deutschland präsentiert sich im internationalen Vergleich hingegen weit unter dem Durchschnitt. Dass es hinterherhinkt, wenn es um das Thema Digitalisierung geht, wurde in den vergangenen Jahren durch mehrere Studien bewiesen. Der Digitalpakt soll diese Situation ändern. Dafür werden Milliardensummen investiert, die vor allem dem technischen Ausbau der deutschen Schulen dienen sollen.
Allerdings braucht es auch ein pädagogisches Konzept, das heißt, die Lehrkräfte müssen entsprechend aus- oder fortgebildet werden und über die so wichtigen Medienkompetenzen verfügen. Diesbezüglich ist in Deutschland ebenfalls noch vielerorts ein Mangel festzustellen.
Digitalisierung – ein komplexes Unterfangen
Trotz Rückstände und Defizite werden Medien bereits jetzt in vielen deutschen Schulen immer häufiger als Lernmittel eingesetzt – ebenso wie zu Hause. Zwar sind die Schulen in Deutschland von einer vollständigen Digitalisierung noch weit entfernt. Sicher ist aber, dass der Unterricht zukünftig an Schulen rein digital ablaufen und es keine herkömmlichen Schultafeln mehr geben wird.
Selbst Whiteboards sind beinahe überholt und werden durch Smart Boards ersetzt. Anstelle von Aufgabenblättern, Schulbüchern und Schreibheften gibt es zukünftig für jede Schülerin und jeden Schüler ein Tablet, auf dem alle Dateien hinterlegt sind. So oder so ähnlich könnte die Schule der Zukunft auf einer technischen Ebene aussehen.
Viele Schulbuchverlage haben digitale Angebote entwickelt, die das traditionelle Buch weiterdenken und durch vielfältige mediale Möglichkeiten erweitern. In Form eines E-Books stehen die Inhalte dann digital zur Verfügung und können von den Schülerinnen und Schülern direkt bearbeitet werden. Darüber hinaus gibt es ergänzende Arbeitsmaterialien. Durch die digitale Basis lässt sich alles flexibel nutzen – auch über andere Geräte wie Whiteboards und Beamer.
Das bedeutet einen Wandel im gesamten Schulsystem. Es braucht ein neues Rollenverständnis der Schulen, des Unterrichts, der Lehrkräfte sowie der Schülerinnen und Schüler.
Interessanter als die Frage, welche technische Ausstattung die Schulen in Zukunft haben, ist also jene, wie die Schule beziehungsweise der Unterricht aussehen werden.
Optionen statt verpflichtender Vorgaben
Den Unterricht, wie ihn die Eltern noch kennen, wird es vermutlich schon bald nicht mehr geben, denn moderne Schulformen lassen den Schülerinnen und Schülern viel mehr Freiheiten, was die Gestaltung ihres Schulalltags angeht. In Zukunft wird es daher zunehmend ihnen überlassen, wann sie sich welchem Schulfach widmen und wann sie welche Aufgaben bearbeiten wollen.
Nicht jede Schülerin und jeder Schüler kann schließlich ab acht Uhr am Morgen seine volle Leistungsfähigkeit abrufen – selbst, wenn sie oder er genug geschlafen hat. Viele zeigen zu späterer Stunde ein deutlich höheres Leistungs- und Konzentrationsvermögen. Daher haben bereits die ersten Schulen eine freiere Zeiteinteilung und eine Art Gleitzeitmodell etabliert, sodass die Schülerinnen und Schüler wählen können, ob sie schon ab acht Uhr oder lieber erst später im Unterricht sitzen wollen.
Interessant ist in dem Zusammenhang ein Schulmodell, das im 20. Jahrhundert von der Reformpädagogin Helen Parkhurst entwickelt wurde. Sie lebte zwischen 1887 und 1974 in der US-amerikanischen Stadt Dalton und legte bei ihrer Pädagogik den Fokus aus das selbstständige Lernen. Auf diese Weise setzen sich die Schülerinnen und Schüler aktiv mit dem Lernstoff auseinander und erzielen dadurch größere Lernerfolge.
Innerhalb gewisser Grenzen erhalten sie also die Möglichkeit, ihre Zeit frei einzuteilen. So können sie ihre Begabungen individuell fördern, jedoch auch bei schwierigerem Lernstoff ihr eigenes Lerntempo beibehalten. Ziele sind eine größere Motivation sowie eine passgenauere Förderung.
Ein großer Vorteil besteht außerdem darin, dass die Schülerinnen und Schüler schon in jungen Jahren ein hohes Maß an Selbstständigkeit erwerben – ein wichtiger Bestandteil der erwähnten Soft Skills. Das Konzept lehrt außerdem mit
- Verantwortung,
- Kooperationsfähigkeit,
- Selbstvertrauen und
- Selbstmotivation
weitere wichtige Soft Skills. Die Freiheit wird dabei insofern umgesetzt, als dass die Schülerinnen und Schüler die Reihenfolge der Fächer, ebenso ihre Lehrkräfte und das Lernteam selbst bestimmen können. Eine solche Stunde sieht beispielsweise wie folgt aus:
Jede Lehrkraft hat einen Lehrerraum, in dem sie zu bestimmten Zeiten anwesend ist.
Die Schülerinnen und Schüler können in diesen Raum gehen und frei entscheiden, wann sie bei wem zu welchem Fach lernen möchten. Somit haben mehrere Schülerinnen und Schüler unterschiedlichen Alters gleichzeitig denselben Unterricht. Es besteht nun die Möglichkeit, entweder gemeinsam zu lernen oder sich Hilfe von der Lehrkraft einzuholen. Zugleich können die Schülerinnen und Schüler andere Fächer lernen – selbst, wenn die Lehrkraft darin nicht ausgebildet ist. Dann fungieren die anderen Schülerinnen und Schüler als Lehrkräfte.
Diese Stunde ist also eine Schulstunde, die zunächst weder zwischen Klassen noch zwischen Fächern unterscheidet. Stattdessen können die Schülerinnen und Schüler frei entscheiden, wann sie sich mit welchem Lernstoff beschäftigen möchten und wer ihnen dabei hilft.
Einige Schulen wenden das Modell bereits an oder planen dies.
Mehr räumliche Flexibilität
Die meisten innovativen Schulmodelle schaffen den Klassenraum, wie ihn noch die Elterngenerationen kennt, zunehmend ab. Stattdessen geht der Weg hin zu offeneren Raumsystemen, in denen Schülerinnen und Schüler nicht mehr nur im Klassenverband, sondern auch mit Schülerinnen und Schüler anderer Klassen gemeinsam lernen. Sie können also frei wählen, wo sie lernen möchten und mit wem. Dadurch entsteht ein Gefühl von Freiheit, wohingegen der Zwang zur Anwesenheit in einem bestimmten Raum zu einer vorgegebenen Zeit für viele Schülerinnen und Schüler bislang demotivierend wirkte.
Eines Tages könnte dieses Loslösen von dem Lernen und dessen Ort aber noch größere Dimensionen annehmen. Theoretisch ist durch die neuen digitalen Möglichkeiten ein orts- sowie zeitunabhängiges Lernen möglich. Auf dem Tablet könnte abends auf dem heimischen Sofa ein E-Learning-Kurs durchgearbeitet werden, und die Schülerinnen und Schüler könnten sich von überall auf der Welt in einen virtuellen Unterricht einklinken.
Die Optionen sind hier beinahe endlos. Ob es diese Art von Schule eines Tages wirklich geben wird, bleibt hingegen fraglich. Schließlich sind es auch die sozialen Kompetenzen im direkten persönlichen Kontakt mit anderen Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften, die in der Schule ausgebildet sowie gefördert werden sollen.
Denkbar ist trotzdem, dass es irgendwann eine Kombination geben könnte aus Präsenzunterricht, der beispielsweise in Form von Dalton-Stunden stattfindet, und einem rein digitalen Teil mittels E-Learning. Zudem könnte Unterricht zunehmend auch außerhalb des Schulgebäudes stattfinden, zum Beispiel in Form von Exkursionen.
Die neue Rolle der Lehrkräfte
Die Veränderungen im Schulmodell wirken sich auch auf die Rolle der Lehrkräfte aus. Der typische Unterricht, bei dem eine Lehrerin oder ein Lehrer vor der Klasse steht und mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam den Lernstoff erarbeitet, gehört vermutlich schon in einigen Jahren der Vergangenheit an. Stattdessen wandelt sich die Funktion der Lehrkraft vielmehr hin zu einer pädagogischen Kraft, die den Schülerinnen und Schülern unterstützend zur Seite steht, während diese ihre festgelegten Aufgaben erledigen.
Für sie wird die Individualisierung des Lehrens und Lernens zukünftig immer mehr im Vordergrund stehen. Weiterhin gilt es, ein Stück weit die Kontrolle abzugeben, um den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit einzuräumen, selbst Verantwortung zu übernehmen und eigenständig zu lernen. Es braucht also auch ein größeres gegenseitiges Vertrauen. Weiterhin ist es ihre Aufgabe, eventuelle Probleme zu erkennen und entsprechend zu helfen.
Die Lehrkraft ist in erster Linie eine Kontrollinstanz, die den Plan im Blick behält und Klassenarbeiten aufsetzt, als Lernfortschrittskontrolle. Aber auch der Unterricht in Förderkursen und das Anleiten von Gruppenprojekten werden in Zukunft immer mehr Zeit im Arbeitsalltag einnehmen. Alles in allem wird die Beziehung zwischen Lehrkraft und Schülerinnen und Schülern in Zukunft intensiviert. Es bleibt mehr Zeit für den Einzelnen. Die Lehrkräfte haben besser im Blick, wie die individuellen Talente, aber auch Schwächen der Schülerinnen und Schüler aussehen. Sie können intensiv auf Fragen eingehen, statt nur in der fünfminütigen Pause zwischen zwei Unterrichtsstunden.
Zuletzt wird auch für die Lehrkräfte zukünftig die digitale Technik eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Sie müssen also lernen, die neuen Möglichkeiten optimal für ihren Unterricht einzusetzen, um die Motivation sowie den Lernerfolg bei ihren Schülerinnen und Schülern auf einem hohen Niveau zu halten.
Veränderte Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler
Ein neues, offenes und digitalisiertes Schulmodell erfordert einige Veränderungen in der Gestaltung des Schulalltags – und damit auch für die Schülerinnen und Schüler. Das System kann nämlich nur dann funktionieren, wenn sie in der Lage sind, sich umzustellen, beziehungsweise bestimmte Eigenschaften zu entwickeln, die sie dazu befähigen, den neuartigen Schulalltag zu meistern. Sie müssen immer selbstständiger lernen und arbeiten, was viel Selbstdisziplin, Motivation sowie Selbstorganisation erfordert.
Je früher die Schülerinnen und Schüler an ein solches Schulmodell herangeführt werden, desto schneller können sich Erfolge einstellen. In der Konsequenz werden Schülerinnen und Schüler zukünftig motivierter lernen. Sie werden individueller anhand ihrer Stärken und Schwächen gefördert sowie optimal auf den späteren (digitalen) Berufsalltag vorbereitet.
Auswirkungen auf die Eltern
Auch für die Eltern werden solche Schulmodelle in Zukunft Veränderungen mit sich bringen. Für sie empfiehlt es sich, schon frühzeitig die Eigenverantwortung sowie die Selbstständigkeit ihres Kindes zu fördern, damit dieses selbstbewusst und erfolgreich in der Schule der Zukunft lernen kann. Die Förderung von Medienkompetenzen sollte ebenfalls von Beginn an eine wichtige Rolle spielen – jedoch stets in einem angemessenen Maß. Als Eltern gilt es auch darauf zu achten, dass die Kinder keine Überdosis an digitalen Medien bekommen oder sogar eine Sucht entwickeln. Medienfreie Zeiten sind nach dem Unterricht daher zu empfehlen.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt werden, wird die Schule der Zukunft für alle Beteiligten viele Vorteile mit sich bringen, und natürlich werden es vor allem die Schülerinnen und Schüler sein, die von den neuen Konzepten sowie den digitalen Technologien profitieren. Wie genau die zukünftigen pädagogischen, Unterrichts- und Schulmodelle aussehen werden, bleibt jedoch abzuwarten. Schließlich handelt es sich um einen fortlaufenden Prozess.
Wie sieht Ihre Schule der Zukunft aus? Lassen Sie uns an Ihren Ideen teilhaben.