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Sprache als sonderpädagogischer Förderschwerpunkt

Die Verbalsprache ist das Medium des Lernens, aber auch ein wesentliches Mittel, um Beziehungen herzustellen, Bedürfnisse mitzuteilen und sich in vielfältiger Weise auszudrücken. Ist sie beeinträchtigt, sind sowohl die Persönlichkeitsentwicklung als auch schulische Lernprozesse in besonderer Weise gefährdet. Ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Schwerpunkt Sprache kann sich insbesondere in den folgenden Bereichen zeigen:

  • LAUTBILDUNG – Störungen auf der Lautebene, zum Beispiel Aussprachestörungen, Sigmatismus, Störung des Zusammenspiels der an der Artikulation beteiligten Werkzeuge,
  • WORTSCHATZ – Störungen auf der Wort- und Bedeutungsebene, zum Beispiel nicht altersgerechter Wortschatz (Schwierigkeiten beim Benennen und Beschreiben), eingeschränktes Sprachverständnis,
  • GRAMMATIK – Störungen auf der Ebene der Wort- und Satzbildung, zum Beispiel einfache und unvollständige Satzbildung, fehlerhafte Verwendung von Artikeln, Pluralformen, Präpositionen und Ähnlichem,
  • INTERAKTION – Störungen im kommunikativen Prozess, zum Beispiel Stottern, Poltern, Mutismus, Stimmstörungen, Schwierigkeiten bei der situativen Anpassung des Sprachgebrauchs (Pragmatik), sowie
  • SCHRIFTSPRACHE als Teilleistung des Gesamtspracherwerbs, zum Beispiel Schwierigkeiten beim Erfassen von Laut- und Silbenstrukturen (phonologische Bewusstheit).

Jede Beeinträchtigung ist anders, in Abhängigkeit von Art und Grad der Ausprägung. Die genaue Beschreibung der individuellen Besonderheiten des betreffenden Schülers bzw. der Schülerin sowie Förderansätze und Förderempfehlungen sind dem sonderpädagogischen Gutachten zu entnehmen.

Wie kann gemeinsamer Unterricht gelingen?

Im Förderschwerpunkt Sprache werden Kinder entsprechend dem Bildungs- und Erziehungsauftrag einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Sprache unterrichtet. Dies impliziert einen Unterricht nach den Richtlinien und Lehrplänen der Grundschule. Es erfolgt grundsätzlich eine individuelle Förderung in den grundlegenden Entwicklungsbereichen.

In der Regel verbleiben alle Schüler und Schülerinnen drei Jahre in der Schuleingangsphase, sodass sich eine fünfjährige Grundschulzeit ergibt.

Ziel der dreijährigen Schuleingangsphase ist es, Entwicklungsrückstände in allen grundlegenden Bereichen, die zur Sprachentwicklung beitragen, aufzuholen. Zu diesen Bereichen gehören insbesondere Bewegung, Wahrnehmung, Konzentration, Arbeits- und Lernverhalten, Sozialverhalten und Emotionalität. Für jede Schülerin und jeden Schüler werden in einem individuellen Förderplan Lernziele und Fördermöglichkeiten entwickelt.

Der Unterricht ist vor allem auf die Sprachförderung ausgerichtet. Ziel ist es, die Freude am Lernen zu erhalten und Misserfolge zu vermeiden. Besonders wichtig ist der Erwerb der Schriftsprache in Verbindung mit rhythmisch-musikalischer Erziehung, mit darstellenden Spielformen und durch die Verbindung von Bewegung, Handeln und Sprache.

Im gemeinsamen Unterricht sind vor allem zwei Ansätze wirksam, um Sprache in einem inklusiven Setting zu fördern: Sprachförderung als Unterrichtsprinzip und eine bewusst gewählte Sprache der Lehrkraft.

Sprachförderung als Unterrichtsprinzip bedeutet, die Barrieren zu überwinden, die im herkömmlichen Unterricht für die Zielgruppe bestehen, und so ihren Kompetenzerwerb zu unterstützen. Wesentliche, unterstützende Prinzipien sind:

  • optimale Kommunikationsvoraussetzungen schaffen (Gesprächsregeln einhalten, Kultur des Zuhörens etablieren, gezielte Nachfragen stellen und zulassen),
  • Multipermanzprinzip nutzen, das heißt, stets alle Modalitäten einbeziehen: Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben, Visualisieren,
  • intensive Wortschatzerweiterung und Begriffsbildung fördern
  • Anpassen von Texten bezüglich Umfangs, Inhalts, Wortschatzes und Grammatik an die aktuellen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler,
  • handlungsbegleitendes Sprechen und
  • begrenzte Offenheit (Wahlmöglichkeiten in einem begrenzten, überschaubaren Rahmen).

Mit der Sprache steht jeder Lehrkraft ein Instrument zur Verfügung, sprachliche Aufmerksamkeit herzustellen, Inhalte gezielt sprachlich zu modellieren und Sprache selbst zu vermitteln. Ein sprachsensibler Fachunterricht (Leisen, 2020) betreibt sachbezogenes Sprachlernen. Das heißt, Bildungssprache wird an und mit der Sache (den Fachinhalten) gelernt und befördert.

Stufenmodell Schriftspracherwerb

in Anlehnung an Valtin, 1997

Mit Hilfe des Stufenmodells zum Schriftspracherwerb kann der Stand des Schriftspracherwerbs erkannt, können gegebenenfalls Stärken und Schwächen von Schülerinnen und Schülern beim Erlernen des Lesens und Schreibens erfasst und geeignete Fördermöglichkeiten gewählt werden. Es gilt der Grundsatz, eine optimale Passung zwischen der Aneignungsstufe und dem Lernangebot herzustellen.

Durch das Zusammenspiel von Sprach- und Sprechübung und entsprechendem Unterricht können viele Schüler in die allgemeine Schule zurückgeführt werden.

Referenzen

Leisen, J. (2020). Prinzipien im sprachsensiblen Fachunterricht:  http://www.sprachsensiblerfachunterricht.de/prinzipien.

Valtin, R. (1997). Stufen des Lesen- und Schreibenlernens. Schriftspracheerwerb als Entwicklungsprozess. In: Haarmann, D. (Hrsg.), Handb