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Fehler und Vorbilder – Wie hängt das zusammen?

Fehler gehören zum Leben eines jeden Menschen dazu, wie bereits der griechische Philosoph Platon erkannte. Es gibt in der Tat niemanden, der nicht schon einmal einen Fehler gemacht hat. Auch Wissenschaftler*innen sind hier nicht außen vor zu lassen. Wahrscheinlich unterlaufen ihnen gar zahlreiche Fehler, mit denen wir uns zum Glück nicht auch noch auseinandersetzen müssen. Einigen verdanken wir jedoch wichtige Errungenschaften, so etwa:

Penicillin

Alexander Flemming, der mit Bakterien forschte, legte im Sommer 1928 eine Nährstoffprobe mit Streptokokken an. Kurze Zeit später fuhr er in den Urlaub. An die Probe dachte er erst nach seiner Rückkehr wieder. Da war sie verschimmelt, ganz so, wie wir es von versehentlich zurückgelassenen Brotresten kennen.

Zum Glück warf er die Probe nicht sofort weg, sondern sah sie sich genauer an. Dabei stellte er fest, dass sich direkt neben dem Schimmelpilz keine Streptokokken vermehrt hatten. Er gab dem Schimmelpilz den Namen „Penicillin“.

Unzählige Menschen verdanken seitdem ihr Leben diesem Wirkstoff.

Herzschrittmacher

Der Elektroingenieur Wilson Greatbatch baute in einen elektrischen Schaltkreis für die Messung von Herzfrequenzen einen falschen Widerstand ein. Während er den Schaltkreis testete, stellte er fest, dass dieser nicht wie vorgesehen oszillierte, sondern in kurzen Intervallen einen elektrischen Puls sendete. Er erkannte die Bedeutung dieses Phänomens für die Weiterentwicklung des bereits bekannten Herzschrittmachers und gründete seine eigene Firma.

Greatbatch machte mit seinem Erfindergeist und seiner Fähigkeit, das Potenzial eines Fehlers zu erkennen, kleine Herzschrittmacher möglich, die nicht kontinuierlich neu aufgeladen werden müssen.

Post-it-Zettel

Post-it-Haftnotizen sind aus dem Büro nicht mehr wegzudenken. Sie fungieren als wichtige Erinnerungs- und Mitteilungszettel – gerade in Haushalten mit Schulkindern. Ihre Existenz verdanken sie ebenfalls einem Fehlschlag:

Der Wissenschaftler Spencer Silver wollte für seine Firma einen universellen Klebstoff finden, der auf den unterschiedlichsten Materialien anwendbar ist. Das gelang ihm auch. Nur ging er keine Verbindung mit diesen ein, sondern ließ sich schnell wieder ablösen.

Die amerikanische Firma 3 M, in deren Labor Spencer Silver den nicht wirklich gebrauchsfähigen Klebstoff zusammenrührte, praktizierte eine interessante Kultur, mit solchen Fehlschlägen umzugehen: Sie teilte ihren Mitarbeitenden auch fehlgeschlagene Entwicklungen mit.

Zuerst geschah nichts, die Welt musste noch einige Jahre ohne Haftnotizen auskommen. Dann jedoch kam ein in einem Chor singender Kollege, der Chemiker Arthur Frey, auf die Idee, den missratenen Klebstoff auf kleine Zettel zu streichen und damit die Einsätze in seiner Partitur zu markieren.

Er war so begeistert von den neuartigen Lesezeichen, dass er Muster an die Chefs des Unternehmens schickte, die diese Zettel aber nicht als Lesezeichen, sondern als Kommunikationsmittel nutzten.

 

Wie konnten aus Fehlern Erfolge werden?

Auf jeden Fall nicht von selbst. Und ganz gewiss nicht deswegen, weil die jeweilige Erkenntnis bahnbrechend war. Denn woher sollte man das wissen, bevor man sich den Fehler genauer angeschaut hatte? Und auch nicht durch einen glücklichen Zufall. All diesen Errungenschaften, die aus einem Fehler hervorgegangen sind, ist eines gemeinsam: Der Fehler wurde nicht unter den Teppich gekehrt. Menschen hielten es aus, ihm ins Gesicht zu schauen.

 

Wie steht es nun um Schüler*innen?

„Die schlimmsten Fehler werden gemacht in der Absicht, einen begangenen Fehler wieder gut zu machen.“

Das sagte im 18. Jahrhundert der deutsche Schriftsteller Jean Paul. Er scheint dabei auch schon die heutigen Schüler*innen im Blick gehabt zu haben.

Denn viele scheuen Fehler wie der Teufel das Weihwasser. In dem Augenblick, in dem auch nur die leiseste Ahnung von ihnen Besitz ergriffen hat, ihnen könnte ein Fehler unterlaufen sein, verfallen sie in ebenso emsige wie kopflose Betriebsamkeit: Der vermeintliche Fehler wird sogleich entfernt und durch etwas anderes ersetzt, meist, ohne dabei genauer nachzudenken. Schlimmstenfalls wird etwas Richtiges durch etwas Falsches ersetzt.

Versuchen Sie, einen Fehler nicht als Katastrophe zu sehen! Vermitteln Sie, wie wichtig es ist, sich die für das Bearbeiten der Aufgabe nötigen Regeln bewusst zu machen, bevor man sie löst.

 

Lernen aus Fehlern will gelernt sein.

Das fällt schwer. Nichtsdestotrotz ist es eine Tatsache, dass Schüler*innen sehr viel lernen, wenn sie selbst erklären, wie sie zu einem Fehler gekommen sind und wir dann gemeinsam mit ihnen herausfinden, wo sie falsch gedacht haben und welche Regel oder Vorgehensweise aus welchem Grund zum Erfolg geführt hätte. Anschließend können sie eine vergleichbare Aufgabe selbstständig lösen und noch einmal erklären, woran sie dabei denken müssen.

 

Sie als Eltern können das Lernen aus Fehlern unterstützen.

Allerdings nicht, indem Sie ihr Kind immer wieder an einen Fehler erinnern, sondern indem Sie ihm ein Vorbild sind.

Kinder schauen ihren Eltern nämlich ganz genau zu: Wie gut lernen Sie aus Fehlern? Wie offen gehen Sie mit Fehlern um?

Zum Glück sind Kinder meist ziemlich tolerant. Sie honorieren auch schon den Versuch, aus Fehlern zu lernen und es besser zu machen. Nicht der Fehler ist das eigentliche Problem, sondern der Umgang mit ihm. Also: Haben Sie Mut! Stehen Sie zu Ihrem Fehler! Seien Sie ein Vorbild!