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Lernen und Gesellschaftsspiele – eine sinnvolle Kombination?

Gesellschaftsspiele stehen spätestens seit den pandemiebedingten Lockdownphasen hoch im Kurs. Stadt, Land, Fluss, Tabu und Spiel des Lebens bilden Paradebeispiele dafür, dass Kinder sich spielerisch vermittelt gern mit Mathematik, Allgemeinwissen oder Geografie auseinandersetzen. Lernstress kann so vermieden werden.

Denn Konflikte entstehen vor allem dann, wenn Kinder nicht einsehen, warum sie lernen sollten. Also warum nicht einmal dem Schulbuch eine Pause gönnen und ganz nebenbei mit Gesellschaftsspielen lernen?

Wir gehen dem Ganzen heute mal genauer auf den Grund.

Entwicklung des Gesellschaftsspiels

Gesellschaftsspiele haben eine Jahrtausende währende Tradition. In den Gräbern der ägyptischen Pharaonen wurden bis zu 3.500 Jahre alte Senet-Spiele gefunden, ein Vorläufer des heutigen Mensch-ärgere-dich-nicht Spiels.

Die moderne Gesellschaftsspielwelt hat aber weit mehr zu bieten als simple, rein glücksabhängige Würfelspiele. 2016 erschienen alleine zur Spielemesse in Essen über 1.000 Spiele-Neuheiten.

Spielend lernen

Familienspiele bieten nicht nur Alternativen zum Computeralltag und ein gemeinschaftliches Erlebnis. Sie fördern zudem zahlreiche Fähigkeiten, die gerade für Kinder wichtig sind. Kleinere Kindern im Alter von bis zu acht Jahren profitieren beispielsweise in folgenden Bereichen:

  • motorische Fähigkeiten
  • Zuordnung von Farben und Formen
  • Zahlenverständnis, beispielsweise Einordnen, Schätzen und Rechnen
  • Merkfähigkeit und Gedächtnis
  • sprachliches Verständnis
  • Umgang mit Gewinnen und Verlieren
  • Einhaltung von Regeln

Aber auch ältere Kinder können am Gesellschaftsspiel wachsen. Hier stehen andere Kompetenzen im Vordergrund:

  • Kreativität
  • taktisches Vorgehen
  • vorausschauendes Planen
  • logisches Denken
  • konsequentes Handeln
  • Einschätzung der Mitspieler*innen
  • Assoziationsvermögen

Das Schönste am Familienspiel ist, dass all diese Fähigkeiten nebenbei gefördert werden. Denn nach wie vor steht bei jedem Spiel eines im Vordergrund: das gemeinsame Erlebnis und der Spielspaß.

Geeignete Spiele

Entscheidend ist, die richtigen Spiele zu finden, damit auch alle gleichermaßen Spaß am Spielen finden. Eine erste Orientierungshilfe bieten hier die Auszeichnungen der Jury „Spiel des Jahres“, die ein sehr hohes Ansehen genießen. Jede Familie ist allerdings anders und stellt deshalb auch individuelle Ansprüche an ein Familienspiel. Außerdem ist es gut, immer mal wieder für Abwechslung zu sorgen und neben den gewohnten Gesellschaftsspielen Neues auf den Tisch zu bringen.

Ein gutes Familienspiel sollte nach folgenden Kriterien gewählt werden:

  • Altersspanne: Ein Familienspiel muss an das Alter des*der jüngsten Mitspielenden angepasst sein, denn beim Spielen darf niemals der persönliche Ehrgeiz im Vordergrund stehen. Zu komplizierte Regeln und Überforderung können gerade bei Kindern die Motivation und den Spielspaß erheblich senken.
  • Anzahl der Spielenden und Spieldauer: Entscheidend für die Wahl eines Brettspiels ist auch die Anzahl der Mitspielenden. Viele Gesellschaftsspiele sind nur in größeren oder kleineren Gruppen gut geeignet, und es gibt sogar explizite 2-Personen-Spiele. Auch die Spieldauer ist wichtig: Mit jüngeren Kindern sollten nur Spiele mit einer maximalen Dauer von 20 bis 30 Minuten gespielt werden, da anschließend die Konzentrationsfähigkeit nachlässt. Später können auch Spiele mit längerer Dauer gespielt werden, sie sollten aber in den zeitlichen Rahmen passen. Es gibt nichts Ärgerlicheres, als ein angefangenes Spiel abbrechen zu müssen, weil zum Beispiel andere Verpflichtungen anstehen.
  • Genre: Auch die Spielart muss behutsam gewählt werden, denn die Geschmäcker sind verschieden. Nicht jeder mag Rollen- oder Würfelspiele. Die Genres von Gesellschafts- und Familienspielen sind heutzutage so vielseitig, dass es für jede Zusammensetzung eine reichhaltige Auswahl gibt. Gerade hier lohnt es sich aber, auch immer wieder Neues auszuprobieren. Sie werden dadurch Seiten und Fähigkeiten an sich und Ihrer Familie entdecken, die Ihnen bisher verborgen geblieben sind.

Tipps für ein gelungenes Gesellschaftsspiel-Erlebnis

Damit auch Ihre Spielrunde zu einem echten, gemeinsamen Erlebnis wird, sollten Sie auf Folgendes achten:

feste und regelmäßige Termine

Vereinbaren Sie feste Zeiten für das gemeinsame Spielen in der Familie. Das hilft bei der Planung anderer Aktivitäten und verhindert, dass etwas dazwischenkommt. Solche Regelmäßigkeiten entwickeln sich zu Ritualen, auf die sich alle Familienmitglieder einrichten und freuen können.

geeignete Spiele auswählen

Achten Sie bei der Auswahl darauf, dass die Spiele zu Ihrer Familie passen. Die Altersangabe, die Spielendenanzahl und das Genre sind dabei entscheidend. Gehen Sie auch auf die Wünsche und Vorschläge Ihrer Kinder ein und sorgen Sie für Abwechslung.

  • Störquellen ausschalten
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie ungestört bleiben und beim gemeinsamen Spielen nicht abgelenkt oder unterbrochen werden. Schalten Sie Smartphones, Computer und Fernseher aus.

Gehen Sie selbst mit gutem Beispiel voran. Wenn Ihr Smartphone ausgeschaltet ist, fällt es dem Nachwuchs leichter. Zeigen Sie Ihren Kindern, dass diese Zeit ganz allein der Familie gehört. Dadurch sorgen Sie nicht nur für ungestörtes Spielen, sondern bekunden auch Wertschätzung.

das gemeinsame Erlebnis genießen

Lassen Sie sich ganz auf das gemeinsame Spielen ein und denken Sie nicht an anstehende Aufgaben und Termine. Fragen Sie Ihre Kinder nicht nach Ihren Hausaufgaben und sprechen Sie keine heiklen Themen an. Es zählt nur das Hier und Jetzt! Genießen Sie die Zeit, in der Sie sich persönlich mit ihren Kindern befassen, um etwas gemeinsam zu erleben, dabei spielerisch zu lernen und ganz einfach Spaß zu haben. Dadurch tanken Sie auch Kraft für andere anstehenden Herausforderungen des Alltags.

Die positiven Folgen des Einsatzes von Gesellschaftsspielen im Allgemeinen

kostengünstige Freizeitgestaltung

Das Schönste, was wir unseren Kindern schenken können, ist gemeinsame Zeit. Dabei muss es gar nicht immer ein teurer Ausflug sein. Gerade Kinder erfreuen sich oft an kleinen Dingen. Gesellschaftsspiele sind im Vergleich eine sehr günstige Möglichkeit der gemeinsamen Freizeitgestaltung.

förderlich für den Zusammenhalt

Regelmäßige Spiele-Nachmittage in familiärer Runde sind ein gemeinsames Erlebnis, das die Kommunikation, den Zusammenhalt und das Wir-Gefühl innerhalb der Familie stärkt. Sie bieten lang anhaltenden Gesprächsstoff und sorgen für sehr schöne Kindheitserinnerungen. Auf diese Weise kann auch zu älteren Kindern und Jugendlichen ein guter Zugang gefunden werden, die sich sonst eher abkapseln.

förderlich für soziale Kompetenzen

Gesellschaftsspiele trainieren die sozialen Kompetenzen und sind daher pädagogisch wertvoll. Kinder lernen beim Spielen, zu kooperieren und andere einzuschätzen. Das Gewinnen sorgt für Erfolgserlebnisse und Motivation und stärkt das Selbstbewusstsein. Sie lernen aber ebenso, mit Niederlagen umzugehen, denn auch das Verlieren gehört zum Spiel genauso wie zum Leben.

förderlich für schulische Leistungen

Kinder lernen beim Gesellschaftsspiel, sich an Regeln zu halten. Zudem wird die Konzentrationsfähigkeit gefördert, was sich ebenfalls positiv auf die schulischen Leistungen auswirkt. Je nach Art des Gesellschaftsspiels werden weiterhin motorische und analytische Fähigkeiten, strategisches Denken, Kreativität, vorausschauende Planung und Verhandlungsgeschick trainiert.

Da bei vielen Gesellschaftsspielen Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen sind, fällt es spielenden Kindern oft leichter, zielführend zu agieren und Entscheidungen zu treffen.

Die positiven Folgen von Gesellschaftsspielen für den Kontext Schule

Wir nehmen nun genauer in den Blick, für welche Fächer welche Gesellschaftsspiele hilfreich sind.

 Mathematik

Spiele wie Uno oder Yazzi können dabei helfen, mathematische Themen anschaulicher und spannender zu gestalten, indem spielerisch die Addition und die Multiplikation gelernt werden. Das Gesellschaftsspiel Pharao Code trainiert verschiedene Grundrechenarten.

Erdkunde

Mit geografischen Spielen wie Geo Flag und GeoCards oder Stadt, Land, Fluss können Sie sich mit der ganzen Familie auf den nächsten Urlaub vorbereiten, indem Sie Bekanntschaft mit Nationalflaggen machen oder sich intensiv mit der Landeskunde verschiedener Destinationen auseinandersetzen.

Sprachliches Ausdrucksvermögen

Auch Nachwuchsphilosoph*innen und Jung-Schriftsteller*innen kommen mit einer großen Auswahl an Gesellschaftsspielen voll auf ihre Kosten: Spiele wie Scrabble und Tabu erweitern den Wortschatz und helfen beim Schreiben des nächsten Deutschaufsatzes.

Gesellschaftsspiele helfen nicht nur, konkreten Schulstoff besser zu verstehen, sondern haben auch großen Einfluss auf die Persönlichkeits- und Kompetenzentwicklung von Kindern:

Reaktionsfähigkeit

Zahlreiche Spiele zielen auf die Weiterentwicklung der Reaktionsfähigkeit und Gesamtmotorik. Das bekannte Gesellschaftsspiel Halli Galli fördert nicht nur die Kenntnisse im Fach Mathematik, wenn es die sich auf den aufgedeckten Karten befindlichen Früchte zu addieren gilt, sondern verlangt zudem eine schnelle Reaktion ab: Die Spielenden müssen auf die Halli Galli-Glocke hauen, sobald sie fünf gleiche Früchte gezählt haben.

Gedächtnistraining

Außerdem fördern spannende Gesellschaftsspiele die Konzentrationsfähigkeit und helfen Kindern, ihr Gedächtnis zu trainieren. So lernen sie mit dem Spiel Memory schon früh, sich Dinge und Orte zu merken.

Präsentationsfähigkeit

Spiele wie Activity fördern neben der Ausdrucksfähigkeit auch Kreativität, Fantasie und Auftrittskompetenz. Denn hier werden Begriffe beschrieben, gemalt und mit Körpersprache dargestellt. Kinder lernen so, die Scheu vor Präsentationen zu überwinden.

Zeigen und Verarbeiten von Emotionen

Mit Gesellschaftsspielen lernen Kinder, auch mit Enttäuschungen und Niederlagen umzugehen und diese zu verarbeiten. Besonders beim Klassiker Mensch ärgere dich nicht kann jedes Mal der Frust beobachtet werden, wenn die letzte Figur auf dem finalen Feld rausgeschmissen wird. Zudem wird das Durchhaltevermögen trainiert. Nicht aufgeben und weiter kämpfen – das ist die Devise. Denn keiner mag schlechte Verlierende. Immer daran denken: Beim nächsten Mal gibt es wieder die Chancen zu gewinnen. Das steigert das Selbstbewusstsein.

Hier besteht ein enger Zusammenhang zu den schulischen Leistungen: Viele Kinder haben eine negative Selbstwahrnehmung und denken, dass sie den Schulstoff ohnehin nicht verstehen könnten. Wenn sie aber im Spiel erlebt haben, dass sie Probleme zu lösen imstande sind, trauen sie sich auch im Unterricht mehr zu.

Werfen Sie gerne auch einen Blick in unseren Beitrag vom 01.12.2020. Hier informieren Sie darüber, wie Lernen spielerisch verpackt werden kann.