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Spielerisches Üben – einige wichtige Grundlagen für den Erfolg

Mit Spaß lernt es sich effektiver – und es fällt leichter, sich auf etwas zu konzentrieren. Doch wie integriert man Spaß in den Lernalltag? Wie funktioniert spielerisches Lernen?

Der Markt präsentiert zahlreiche Anbieter, die es sich auf die Fahnen geschrieben haben, gute Lernspiele zu vertreiben. Doch nicht jedes Spiel ist auch als Lernspiel geeignet. Was also macht ein gutes Lernspiel aus?

Generell lässt sich sagen, dass alles, was Kinder experimentell oder spielerisch lernen, auf Begeisterung ihrerseits stößt.

Es gibt Aspekte, die sie spielend üben können. Dennoch ist es eine Übung, wenngleich sie aufgelockert sein mag. Sich diesen Unterschied zu vergegenwärtigen, ist wichtig, weil Kinder ein sicheres Gespür dafür haben, wenn sie in ein Spiel verpackt zum Üben eines unliebsamen Inhalts bewegt werden sollen.

Beim spielerischen Üben sind Sie als Erwachsene in vielen Fällen im Vorteil. Sie müssen sich zurücknehmen, da Sie das zu Übende in der Regel besser beherrschen und folglich andernfalls stets gewinnen würden.

Bis zu einem gewissen Grad wird dies in der Entwicklung eines Kinder immer wieder der Fall sein. Jüngere Kinder durchschauen den Prozess häufig noch nicht und begegnen derlei Spielen häufig durchaus noch begeisterungsfähig. Bei lernschwachen, älteren Kindern wird das Prinzip oft überstrapaziert. Wenn sie merken, dass Sie sie einfach nur zwischendurch gewinnen lassen, verlieren sie die Lust am Spiel. Sie können sicher sein: Kinder haben einen guten Riecher für aufgesetzte Pädagogik. Um uns messen zu können, wünschen wir uns ein ebenbürtiges Gegenüber. Sonst verlieren wir nur allzu schnell die Lust.

Neben Spielen mit Wettkampfcharakter gibt es jedoch auch solche, die beiden oder allen Mitspielern die gleichen Chancen einräumen, unabhängig von Alter und Lernstand der Spielenden. Sie bieten oft den höchsten Spielspaß für alle Beteiligten und sind besonders geeignet für Kinder mit Lernschwierigkeiten. Der Trick sind jegliche Formen von Jokern, die per Zufall entscheiden, wer gewinnt.

Lernspiele

Ein gutes Lernspiel selbst zu gestalten, kann dabei ganz einfach sein. Blanko-Bierdeckel etwa bieten eine tolle Basis für Lernspiele zu sämtlichen Fächern. Beispielweise können sie mit Anlauten beschriftet werden. Analog zum Memory wird anschließend abwechselnd ein Bierdeckel aufgedeckt. Mit dem abgebildeten Laut muss ein Wort gebildet werden. Anschließend erhält man den Deckel als Punkt. Dies ist unabhängig davon der Fall, ob man bei der Wortsuche Hilfe benötigt oder nicht. Wer gewinnt, entscheiden dabei jene Bierdeckel, die zusätzlich zu den Anlaut-Bierdeckeln untergemischt werden. Auf ihnen sind Smileys aufgemalt. Wer einen Smiley aufdeckt, erhält einen Extrapunkt und darf noch einen Bierdeckel aufdecken, oder aber es gilt die Regel: Wer am Ende die meisten Smileys gesammelt hat, ist Sieger.

Lernspiele sollten kurzweilig, schnell erklärt und leicht aufgebaut sein. Im Idealfall bieten sie vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und sind spaßig und effektiv zugleich. Einer der beiden Faktoren allein genügt nicht.

Mensch-ärgere-dich-nicht

Auch viele bekannte Spiele lassen sich in Lernspiele umwandeln. So wird aus dem klassischen Mensch-ärgere-dich-nicht schnell ein Spiel, das die „verliebten Zahlen“ trainiert (Zur 8 gehört die 2, weil sie zusammen 10 ergeben, deshalb sind sie verliebt. Zur 4 gehört die 6, weil sie zusammen 10 ergeben, deshalb sind sie verliebt…), indem man immer die verliebte Zahl der gewürfelten Zahl setzen darf. Würfle ich also eine 7, darf ich 3 Felder vorrücken, weil die 3 die verliebte Zahl der 7 ist. Die Vorgehensweise gleicht ansonsten der Originalversion von Mensch-ärgere-dich-nicht. Alternativ kann das Einmaleins trainiert werden, indem man sich vor Beginn des Spiels auf eine der kleinen Einmaleins-Reihen einigt und stets die gewürfelte Augenzahl im Sinne dieser Reihe multipliziert. Würfle ich also eine 4 (und wir haben uns zuvor auf die 3-er-Reihe des Einmaleins geeinigt) so darf ich 4×3, also 12 Felder vorrücken.

Stadt-Land-Fluss

Das Spiel Stadt-Land-Fluss lässt sich ebenfalls umfunktionieren, indem die Kategorien geändert werden. Anstelle von „Stadt“, „Land“ und „Fluss“ könnten „Nomen“, „Verben“ und „Adjektive“ gesucht werden. Aber Vorsicht: Natürlich gibt es die Kinder, die länger brauchen, um passende Wörter zu kommen. Deswegen empfiehlt sich eine Erweiterung der drei Kategorien. Dabei dürfen die Kinder wählen, welche sie gut beherrschen und in welchen sie deutlich abschneiden als die Erwachsenen oder der wortstarke Mitspieler, zum Beispiel Fußballspieler, Hunde- oder Pferderassen oder sogar Namen von Mitschüler*innen.

Im Hinblick darauf, die Schreibweisen von Wörtern zu üben, bietet es sich beispielsweise an, das Spiel Ich sehe was, was du nicht siehst in einer abgewandelten Form zu spielen: „Ich sehe was, was du nicht siehst, und das schreibt sich B – A – U – M.“ Idealerweise beginnt man mit kurzen Namenwörtern und steigert die Spannung etwas, indem man verschiedene Orte, an denen ein Wort gesucht werden muss, zum Beispiel: „Ich fliege zu den Indianern und sehe was, was du nicht siehst. Das schreibt sich Z – E – L – T.“ oder „Ich gehe in den Zoo und sehe was, was du nicht siehst. Das schreibt sich A – F – F – E.“

Lernstrategien

Die Wahl eines geeigneten Lernspiels setzt voraus, den Lernstand des Kindes richtig einzuschätzen. Denn ein Spiel, das Überforderung auslöst, macht einfach keinen Spaß. Aufforderungen wie „Überleg nochmal!“ oder häufige Hinweise an das Kind, die Folgeschritte betreffend, sprechen nicht für eine entspannte Spielsituation. Hier sollte die Wahl des Spiels überdacht werden. Drei Lernstrategien können hier hilfreich sein:

1. Zerlegen des Lerninhalts

Erfahrungsgemäß ist dieser Punkt für Eltern der schwierigste Schritt. In der Regel begreifen Kinder etwas nicht, was der Erwachsene sicher beherrscht, d. h., Letzterer hat dieses Wissen längst automatisiert. Wenn wir dann darüber nachdenken, wissen wir oft nicht mehr, wann und wie wir es gelernt haben. Wir können es, und es erscheint uns daher einfach und logisch. Einige Kinder hingegen scheinen das berühmte Brett vor dem Kopf zu haben. Sie begreifen vermeintlich einfachste Zusammenhänge trotz wiederholter Erklärungen nicht, was seitens der Erwachsenen ein Gefühl der Hilflosigkeit hervorruft. Das Zerlegen von Lerninhalten ist an dieser Stelle sehr empfehlenswert.

Stellen Sie sich ein Blatt Papier mit einer schwierigen Aufgabe vor, die Sie nicht verstehen. Nun wird das Blatt in der Mitte zerrissen, die Aufgabe in zwei Teile zerlegt und nur noch einer Ihnen vorgestellt. Auch den verstehen Sie nicht. Die eine Hälfte wird ebenfalls in zwei Teile gerissen. Aber nach wie vor haben Sie einen Knoten im Kopf und können das System der Aufgabe nicht erfassen. Es erfolgt ein abermaliges Zerlegen inklusive einer Erklärung des relevanten Sachverhalts. Nun ahnen Sie, worauf es ankommt. Auf diese Weise gilt es jedes einzelne Teilstück zu überprüfen, bevor man es wieder den anderen hinzufügen und alles zusammensetzen kann.

Jetzt macht es Sinn, die Einzelteile spielerisch umzusetzen. Aber die Kinder sollten nicht zu oft stolpern. Gemeint ist hier das Stolpern im Kopf. Beispielhaft lässt sich anführen, dass Sie Ihren Mann rufen möchten, Ihnen aber Name Ihrer Tochter herausrutscht. Wenn Kinder im Kopf stolpern, äußert sich dies unter anderem durch

  • Stirnrunzeln
  • Versprecher und Eigenkorrekturen
  • Hochgucken und Überlegen
  • Verziehen des Gesichts
  • das Schaffen künstlicher Pausen, indem zum Beispiel die Aufgabenstellung bewusst wiederholt wird.

In solchen Momenten wird deutlich: Das Kind ist überfordert, unsicher und das gewählte Spiel oder die gewählte Übung zu schwierig, sollte also modifiziert werden.

2. Vom Großen zum Kleinen und vom Langsamen zum Schnellen

Erst, wenn das Kind die reduzierte Abfolge sicher beherrscht, kann das Tempo in kleinen Schritten gesteigert werden. Es ist im Grunde ein Prozess, den Sie von Bewegungsabläufen im Sport oder beim Erlernen eines Instruments kennen. Man beginnt langsam, gewinnt an Sicherheit und kann dann das Tempo erhöhen.
Für Lernspiele gilt: Binden Sie nicht nur die Aufgaben, Vokabeln und Dergleichen ein, die das Kind nicht beherrscht. Wählen Sie vielmehr zu 80 % Aufgaben, die nur wiederholt werden müssen und schon einigermaßen sitzen.

Kinder mit Lernschwierigkeiten haben aufgrund vieler Misserfolge oft ein geringeres Selbstwertgefühl. Dies gilt es zu bedenken, und entsprechend groß sollte der Anteil der Aufgaben sein, die kein Stolpern verursachen, sondern das Gefühl hervorrufen, sich auf sicherem Terrain zu bewegen. Denn Sicherheit begünstigt die Lernmotivation.

3. Ähnlichkeiten beim Lernen vermeiden

Um diesen Aspekt zu verdeutlichen, zunächst ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, Ihnen würden Ihnen die japanischen Schriftzeichen beigebracht und der Lehrende würde mit den Zeichen beginnen, die einander am stärksten ähneln. Halten Sie das für eine gute Idee? Sicher nicht. Sie wären verwirrt, und es würde Ihnen das Lernen erschweren.

Der Psychologe Ranschburg wies bereits 1905 nach, dass das Gedächtnis bei der Wiedergabe von ähnlichen Lerninhalten blockiert ist. Man nennt dies das Ranschburg-Phänomen oder spricht von der Ähnlichkeitshemmung. Werfen Sie an dieser Stelle doch mal einen Blick in unseren Beitrag zum Thema „Ähnlichkeitshemmung“, der nähere Informationen bietet.

Es gibt endlos viele Beispiele für immense Verwirrungsquellen. Doch was ist nun die Lösung? Ziel des Lernens ist es stets, keine Zweifel entstehen zu lassen. Wenn einander ähnelnde Dinge gelernt werden müssen, dürfen diese nicht nebeneinander dargestellt werden. Beherrscht der Schüler etwas sicher, folgen das Trainieren und die Bereitstellung von Hilfsregeln zum Erlernen eines ähnlichen Inhaltes. Gleiches gilt für jedes Lernspiel. Denn auch hier lauert die Gefahr, ähnliche Dinge zu verwechseln. Es gilt daher, darauf zu achten, dass zunächst der eine Inhalt gesichert wird, bevor ein ähnlicher hinzukommt.

Effektive Lernspiele

Einige effektive Lernspiele, die sich in der lerntherapeutischen Praxis mit Kindern unterschiedlichen Alters bewährt haben, auf viel Begeisterung stoßen und vielfältig eingesetzt werden können, möchten wir Ihnen nun vorstellen:

Umgekehrter Lückentext

Im Kontext dieses Spiels soll Ihr Kind selbst kreativ werden: So schreibt es für seine Geschwister oder Freund*innen einen Lückentext. Dabei soll es selbst entscheiden, welche die wichtigen Begriffe sind. So können biologische Fachbegriffe, Fremdwörter oder Matheergebnisse als Lücke erscheinen. Das Schreiben der Geschichte und vor allem das Heraussuchen der Lücken lässt Ihr Kind Informationen nach Wichtigkeit filtern. Außerdem betrachtet es den Lernstoff aus einer ganz neuen Perspektive. Wer es gerne einfach mag, kann einen Text aus einem Schulbuch zugrunde legen.

Vokabel-Memory

Die Englischvokabeln wollen nicht in den Kopf? Eine abgewandelte Form des klassischen Memorys kann helfen. Beim Memory geht es bekanntlich darum, zwei Karten mit demselben Bild zu finden. Hier werden Wortpaare gesucht: ein deutsches Wort und sein englisches Pendant. Schneiden Sie eine gerade Anzahl Pappkartonkärtchen in beliebiger Größe aus und beschriften Sie je zwei Karten mit dem deutschen Wort und seiner Übersetzung. Das Basteln der Kärtchen können Sie am besten gemeinsam mit Ihren Kindern erledigen, denn schon beim Aufschreiben bleiben einige Wörter im Gedächtnis. Sind die Karten fertig, kann begonnen werden.

Kopfrechen-Roulette

Das Ziel des Spiels ist es, das Kopfrechnen zu üben. Es eignet sich für Schüler*innen, die bereits mit dem Minusbereich des Rechnens vertraut sind. Für das Kopfrechen-Roulette brauchen Sie einige herkömmliche Würfel. Aus Pappkarton fertigen Sie gleich große Karten an, auf die Sie die mathematischen Zeichen schreiben, also etwa Plus, Minus, Mal, Geteilt. Die Karten fertigen Sie in dreifacher Ausführung an und mischen sie gründlich. Nun darf der erste Spielende eine Zahl würfeln, eine Karte ziehen und wiederum eine Zahl würfeln. Daraus ergibt sich die erste Kopfrechenaufgabe. Je nach Fortschritt kann auch zwei- oder dreimal gewürfelt werden, sodass sich eine zwei- beziehungsweise dreistellige Zahl ergibt.

Wer möchte, kann eine Uhr einsetzen, die gestoppt werden darf, sobald das Ergebnis vom jeweiligen Kind ausgerechnet wurde. Somit sind nicht nur das richtige Ergebnis, sondern auch besonders schnelles Kopfrechnen gefragt.

Zusammenfassung

Abschließend noch einmal die wichtigsten Punkte zu Lernspielen auf einen Blick. Ein gutes Lernspiel…

  • ist schnell erklärt und bedarf wenig Vorbereitung,
  • birgt einen Glücksfaktor, der über Sieg und Niederlage entscheidet,
  • ist an den Lernstand des Kindes angepasst, überfordert nicht und enthält zu 80 % Aspekte, die nur noch gesichert werden müssen,
  • lässt sich im Schwierigkeitsgrad variieren,
  • ist in der Zeitdauer überschaubar,
  • macht Spaß und ist dabei trotzdem effektiv.